Maxima Maus wusste nicht, ob sie sich Sorgen machen musste oder ob ihr ihre Gedanken nur einen Streich spielten. Sie hatte heute früh die Nachricht bekommen, dass Pinsel, das Eichhörnchen sie unbedingt sofort flitzgeschwind im Wald bräuchte. Die Kuh hatte die Nachricht dem Spatz geflüstert und dieser und war sofort zur Maximas Menschenhaus geflogen. Dazu hatte Pinsel eine Liste mitgegeben, auf der Dinge standen, die Maxima unbedingt von den Menschen mitbringen sollte. Ein bisschen Joghurt, einen Schraubenzieher, einen Müllsack, noch einen Müllsack und am besten noch einen Müllsack. Maxima konnte sich die Liste nicht erklären und war jetzt mehr als neugierig, als sie durch den auftauenden Wald zu Pinsels Kobel, seinem Holzhäuschen ging. Obwohl sie es eilig hatte, hielt sie kurz inne, um zu lauschen. Sie hörte Jungvögel hungrig und ungeduldig rufen. Hier musste ein Nest in der Nähe sein. Sie atmete die frische Frühlingsluft tief ein und langsam wieder aus. Ihre Sorgen waren zwar nicht verschwunden, aber ihr Herz klopfte nicht mehr so schnell und sie konnte weiterspazieren. Wie schön der Frühling war. Sie roch die ersten Frühlingskräuter. Hauchzart erkannte sieden Huflattich, aber unverkennbar lag der Bärlauch in der Luft. Maxima liebte den Frühling, wenn alles aufwachte und sich die Natur von weiß und grau in grün und bunte Farben verwandelte. Ein echtes Schauspiel, fand sie. Maxima war von den Walddüften so abgelenkt, dass sie die Katastrophe erst bemerkte, als sie direkt davor stand.
Maxima hatte Pinsels Kobel erreicht und konnte ihren Augen kaum glauben. Vor ihr türmten sich in einem wilden Durcheinander Gläser, Holzbretter, Fetzen, Tüten und andere Dinge zu einem riesigen Berg auf. „Pinsel?“, schrie sie erschrocken. Jemand musste sein Haus abgerissen haben. „Pinsel?“ Maxima versuchte über den Schutthaufen zu kriechen, um auf die andere Seite zu kommen. Hoffentlich lag Pinsel nicht unter dem Zeug begraben! „Hier fang mal!“, rief eine Stimme plötzlich von oben. Eine große Decke flog herunter und fiel ihr auf den Kopf. „Pinsel!“ Maxima war erleichtert und verwirrt, als sie sich von der schweren Decke befreit hatte und Pinsel, das buschige Eichhörnchen sah. „Was ist passiert?“ „Das siehst du doch!“, rief Pinsel von seinem Kobel herunter, das glücklicherweise noch stand. „Ich versteh das nicht. Was machst du da?“ „Na, ausmisten natürlich. Was denkst du wieviel unnützen Kram ich in all den Jahren angehäuft habe? Hier, sieh mal. Ein Fahrradreifen. EINFAHRRADREIFEN! Für mich? Ich hab gar kein Fahrrad. Was mach ich denn damit? Ergibt doch überhaupt garkeinen Sinn! Er stört nur. Alles stört nur!“ Pinsel klangwütend. „Magst du nicht mal runterkommen und mir erklären, womit dieser Wahnsinn hier angefangen hat?“ Pinsel nickte und war mit zwei schnellen Sprüngen unten auf dem Boden. „Hast du mir meine Sachen mitgebracht?“, fragte es. „Den Joghurt und…“ „Die Müllsäcke. Davon brauche ich reichlich, wie du siehst.“ Maxima schüttelte den Kopf. „Das willst du alles wegwerfen?“ „Ja klar. Ich bin ein Eichhörnchen, es reicht, dass ich Nüsse und Vorräte sammle, da brauche ich keine…“ Pinsel hob einen Gegenstand aus seinem Berg an Dingen hoch. „Schau, ich weiß nicht einmal was das ist.“ „Ein Schneebesen“, sagte Maxima. „Ah siehst du, es liegt gar kein Schnee mehr, also brauche ich auch keinen Besen. “Maxima wollte erklären, wofür man einen Schneebeseneigentlich benutzte, aber Pinsel war nicht zu stoppen. „Und das hier: eine Luftpumpe, eine Decke, die mehr Löcher hat als Wolle – sieht aus wie ein Schweizer Käse wen soll die noch wärmen? Und da, ein Schwimmreifen, aus Plastik, aus PLASTIK! Siehst du das, Muus? Was will ich denn mit einem Plastikschwimmreifen?“ „Aber da salles kann man doch noch gebrauchen!“, warf die Maus ein. „Wer? Wer will das denn haben?“ Maxima sah sich das Gerümpel an und sie überkam plötzlich ein schlechtes Gewissen. So viel Kram, so viele Gegenstände, die gar nicht alle kaputt aussahen. Doch alles in den Müll zuwerfen, kam ihr falsch vor. „Du könntest einen Flohmarkt machen“, schlug sie vor. „Vielleicht freuen sich andere Tiere darüber.“ „Einen was?“ „Einen Flohmarkt, da kann man Dinge, die man selbst nicht mehr braucht, verkaufen, eintauschen oder verschenken.“ Pinsel strich sich gedanken verloren über seinen hübschen, buschigen Eichhörnchenschwanz und überlegte. „Und du denkst wirklich, meinen Kram will jemand haben?“ Maxima nickte. „Wir müssten vielleicht ein paar Sachen reparieren, aber dann ist es ein Versuch wert, bevor alles auf dem Mülllandet und die Umwelt noch mehr verschmutzt.“ „Reparieren! Gut, dass du das sagst. Hast du den Schraubenzieher dabei?“ Maxima kramte in ihrem Beutel, bis sie den Schraubenzieher gefunden hatte und gab ihn Pinsel. „Mir ist mein Regal an der Wand abgefallen“, erzählte es. „Weil es zu vollgestellt war. So hat das Ganze ja überhaupt angefangen und dann…naja, was dann passiert ist, siehst du ja.
Maxima und Pinsel machten sich sofort an die Arbeit. Während Maxima die Decke mit den Löchern flickte, hämmerte und schraubte Pinsel Regale, die vorher schiefgestanden hatten, Truhen, die nicht mehr zugingen und Spielzeug, das krumm war, wieder zusammen. Mit selbst-gemachtem Klebstoff konnte Maxima sogar ein paar Bilderrahmen zusammenkleben. Dann legten sie alle Gegen-stände, die noch zu gebrauchen waren vor Pinsels Gemüsegarten. Irgendwann rief Pinsel, dass es jetzt eine Pause bräuchte, verschwand in seiner Vorratskammer und kam mit beiden Armen voller Köstlichkeiten wieder hervor. Maxima und Pinsel machten ein Picknick vor seinem Haus. Es gab Schwarzbrot und Marmelade, Honig und eingelegte Tomaten. Ein Glas Milch, selbstgemachten Eistee und Gemüsesticks. Maxima genoss jeden Schluck und jeden Bissen. „Sag mal, Pinsel. Warum sollte ich dir eigentlich den Joghurt mitbringen?“, fiel ihr plötzlich ein. „Au klasse, hast du ihn dabei?“ Maxima nickte. Pinselknabberte an einem Stück Gurke, als es erzählte: „Ich mache Joghurt selbst. Die Kuh hat mir einen Trick verraten und das möchte ich nun ausprobieren.“ „Welcher Trick?“, wollte Maxima wissen. „Naja, du nimmst ein bisschen Joghurt und gibst das zusammen mit frischer Milch für einen halben Tag in den Ofen, dann hast du selbst neuen Joghurt gemacht.“ Wenn das so einfach war, überlegte die Maus, warum kaufte ihre Menschenfamilie dann immer frischen Joghurt in Plastikverpackungen ein? „Das klingt toll. Sollen wir das gemeinsam probieren?“, fragte sie und Pinsel sprang freudig auf. „Na klar!“
Während die frische Milch im Ofen zu Joghurt wurde, sah sich Pinsel in seinem nun fast leeren Haus um. „Hm“, schnaubte es. „Was ist?“, fragte Maxima. „Ganz schönleer, oder?“ „Ja, aber das wolltest du doch.“ Pinsel nickte. Aber es war sich jetzt gar nicht mehr so sicher was es wollte. „Wir sollten zur Eule gehen und sie fragen, ob sie nicht alle Tiere darüber informieren kann, dass es bei dir jetzt einen Flohmarkt gibt“, schlug Maxima vor und Pinsels trübe Gedanken waren verflogen. „Tolle Idee!“ Mit einem Satz war Pinsel draußen und sprang, schnell wie es war, von Ast zu Ast in Richtung Eule. Maxima dagegen ging langsam den Baum hinunter und spazierte fröhlich, die Nase einatmend in die Luft gestreckt hinterher. Sie hatte es nicht eilig. Sie wollte viel lieber die Gerüche auffangen. Wie den Löwenzahn, der so gut im Salatschmeckte, oder die Holunderblüten, die nun den Waldschmückten. Der Frühling kitzelte sie immer in der Nase und ließ sie ganz hibbelig werden. Es lagen wahre Schätze in der Luft. Kräuter, Früchte, Blüten, Keime und Samen. All das wollte gesammelt werden und sie war eine leidenschaftliche Sammlerin. Als sie beim Baum der Eule an-kam, hatte Pinsel schon eifrig vom Trödelmarkt erzählt. Die Eule rieb sich nachdenklich das Kinn, als sie sagte:„Du musst sie neugierig machen, Pinsel. Wieso sollten andere Tiere deine alten Fahrradreifen haben wollen?“ „Weil es kein alter Fahrradreifen, sondern ein prima Karussell ist. Du steckst den Reifen auf einen Ast und schon können alle darauf Platz nehmen und sich drehen. So was macht Spaß, Eule. Solltest du mal ausprobieren!“ Die Eule verdrehte ihre großen gelben Augen. „Und wofür braucht man einen Schwimmreifen?“ Pinsel über-legte nicht lange. „Das ist das bequemste Bett des Waldes. Ein Kissen in die Mitte und du musst dir nie wieder Sorgen machen, aus dem Bett zu fallen!“ Maxima kicherte. „Maxima, Muus, bist du etwa Teil dieser verrückten Idee?“ „Sie hat mich erst auf die Idee gebracht“, sagte Pinsel stolz. Die Eule seufzt: „Aber dann müssen wir den Tieren genau das erzählen, Pinsel. Kommt zu Pinsels Flohmarkt, reicht da nicht. Du suchst ein weiches Bett mit Fallschutz? Geh zu Pinsels Flohmarkt! So was zum Beispiel! Das zieht die Tiere an.“ Pinselsprang in die Luft vor Freude. „Ja, ja, ja. Das klingt toll!“ „Und: Schon einmal vom eigenen Karussell im Gartengeträumt? Pinsel macht es möglich!“ Pinsel, Maxima und die Eule lachten. Es machte ihnen viel Spaß, sich lustige Werbesprüche für den Flohmarkt einfallen zu lassen. Und es funktionierte. Die Waldtrommeln schlugen sehr schnell, vor allem, wenn die Eule anfing zu rufen.
So stand schon die Wildschweinfamilie, der Dachs und ein Hase vor Pinsels Kobel, als die beiden von der Eule zurückkamen. Immer schneller wurden es mehr und mehr Tiere und für alle hatte Pinsel etwas Tolles auf Lager. Als die Sonne unterging war der Vorplatz von Pinsels Garten leer. Viele Tiere waren vorbeigekommen und zu-frieden, weil sie etwas Neues ergattert hatten, wieder gegangen. Doch jetzt waren Pinsel und Maxima er-schöpft. Sie saßen auf dem Baum, vor Pinsels Häuschen, schauten den Sonnenuntergang an und probierten ihren selbstgemachten Joghurt. „Hmm, wunderbar!“, seufzte Pinsel. Dann sah es die Maus von der Seite an. „Sag mal, Muus, wann ziehst du eigentlich wieder bei deiner Menschenfamilie aus? Es ist doch schon Frühling.“ Maxima nickte. Immer, wenn der Frühling kam, verließ sie ihre Menschenfamilie, um in der Natur zu wohnen. Sie war eine Reisende, die zwischen Feld, Wiesen und Wald ihre Schätze und ihr Glück fand. „Darüber hab ich mir heute auch schon meine Gedanken gemacht“, gestand sie. „Ich denke, bald…bald werde ich gehen.“ „Worauf wartest du denn? Die Sonne scheint, der Wald ergrünt, die Vögel zwitschern – es ist Frühling!“ Maxima zögerte. Pinsel glaubte zu wissen, wovor sie Angst hatte. „Weißt du, Muus, ich hab jetzt genügend Platz in meinem Kobel. Da passt bequem ein zweites Bett rein. Wenn du dich allein fühlen solltest…also, ich will sagen, bei mir hast du immer ein Zuhause.“ Maxima blickte Pinsel überrascht an. Dass Pinsel sein Zuhause teilen wollte, war ein großer Freundschaftsbeweis. „Wirklich? Das würde dich nicht stören?“ Pinsel lachte. „Nein, ganz im Gegenteil. Du störst mich nie!“
Maxima Maus spürte, wie sie träge wurde. Die sommerliche Hitze machte ihr zu schaffen. Seit Tagen schon hatte es nicht mehr geregnet und obwohl sie sich haupt-sächlich im Wald aufhielt, der ihr genügend Schattenbot, spürte sie, wie drückend die Luft war. An einemkleinen Bach löschte sie ihren Durst. Noch im Frühling war hier das Wasser bis zur Uferkante gestanden, doch jetzt war der Bachlauf halb leer. Ja, es wurde Zeit, dass es regnete. Trotzdem hatte sie schöne Schätze ergattert. Walderdbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren – Pinsel würde Augen machen, wenn sie ihre Tasche auspackte. Sie hörte Pinsel das Eichhörnchen schon, bevor sie am Kobel angekommen war. „Nein!“, rief es. „Nein, auch nein, oh… nein, oh je ich habe nichts. Nichts, nichts, nichts!“ „Pinsel?“, fragte Maxima vorsichtig und lugt in die Vorratskammer, aus der Pinsels hektische Stimme kam. „Ach Muus, gut, dass du da bist. Schau dir diese Katastrophe an!
Maxima schaute in die Vorratskammer, wo Marmeladengläser, ein Topf Honig, frische Karotten, saftige Äpfel, grüner Salat und noch viel mehr Köstlichkeiten in den Regalen standen. „Ich sehe keine Katastrophe, Pinsel. Nur deine leckeren Vorräte, Obst und Gemüse.“ „Ja, das ist doch die Katastrophe!“, rief Pinsel verzweifelt und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Maxima verstand nicht. „Willst du mir nicht erzählen, was passiert ist?“ Pinsel setzte sich auf eine Wurzel. „Ich feiere doch morgen meinen Geburtstag und alle unsere Freunde sind eingeladen, aber ich habe nichts zu essen da.“ Maxima überlegte, ob Pinsel zu viel in der Sonne gewesen war und nun einen Sonnenstich hatte. Das konnte passieren, wenn man zu lange in der heißen Sonne stand, ohne Sonnencreme, Kappe und genügend Wasser zu trinken. Dann wurde der Körper zu heiß und man konnte Kopf-schmerzen und Schwindelanfälle bekommen. Außerdem überlegte Maxima, sah man dann vielleicht nicht richtig. Denn Pinsel hatte mehr als genügend zu Essen zuhause. „Deine ganze Vorratskammer ist voller Essen, Pinsel.“ „Aber das falsche Essen, Muus. Die Wildschweinfamilie isst keine Erdbeeren, also kann ich keinen Erdbeerkuchen backen, das Reh mag keine Milch und keinen Joghurt, die Eule isst keine Äpfel und der Fuchs will nur Fleisch essen. Und da habe ich noch nicht über die Wünsche der Hasen, Mäuse, Bienen und Igel geredet. Jeder will etwas anderes und ich…ich…ich weiß einfach nicht was ich machen soll!“ Pinsel vergrub seinen Kopf in den Händen und schluchzte. Es hatte sich so viel Mühe für seinen Geburtstag gegeben. Pinsel und Maxima hatten Blätter bunt angemalt und auf eine Leine gespannt, die als Girlande zwischen den Ästen baumelte. Selbst-gemachte Limonade stand bereits in der Erde, um kühl zu bleiben. Ein ganzer Plan hing an der Wand auf dem Pinsel vermerkt hatte, welchen Kuchen, welche Snacksund welches Essen beide morgen zubereiten wollten, um Pinsels Geburtstag voller Genuss und Spaß zu feiern. „Ich glaube, ich sage meinen Geburtstag ab“, seufzte Pinsel. Maxima überlegte. Sie verstand, dass nicht jeder den gleichen Geschmack hatte, und manche Tiere durften einfach bestimmte Dinge nicht essen. Nüsse zum Beispiel vertrug nicht jeder. Und Milch, Weizen, Kernobst und Erdbeeren konnten auch böse Ausschläge und Magenprobleme verursachen, wenn es jemand nicht vertrug, „Nein, das machst du nicht, Pinsel. Uns fällt schon etwas ein. Komm, wir gehen zur Eule. Die hat bestimmt eine Lösung.“
Also spazierten Maxima und Pinsel zum großen Baum der Eule. Die Hitze ließ sie beide sehr langsam durch den Wald spazieren. An zwei Wasserstellen konnten Pinsel und Maxima genügend Wasser trinken, um ihren Durst zu löschen und zum Glück trug der Baum der Eule große Blätter, die viel Schatten boten. Sie klopften zwei Mal und klatschten drei Mal, um sich bei der Eule anzukündigen. „Nein. Heute wegen Hitze geschlossen!“, rief die Eule plötzlich aus ihrer Baumhöhle herunter. „Oh nein“, stöhnte Pinsel. „Auch das noch.“ „Eule, bitte, es ist dringend!“, rief Maxima. „Pinsel will seinen Geburtstag absagen!“ „Was?“ Und schon steckte die Eule ihren Kopf Maxima und Pinsel Sommer-Abenteuer aus der Höhle. „Wieso denn das? Ich freue mich schon seit Tagen auf dein Fest, Pinsel.“ „Ich habe nichts zu essen da“, erklärte Pinsel traurig. „Ich kann euch keinen Kuchen und keine Snacks anbieten.“ Neugierig sah die Eule Maxima an. „Was redet es da? Seid ihr ausgeraubt worden?“ Maxima schüttelte den Kopf. „Pinsel macht sich Sorgen, weil jedes Tier etwas anderes zu essenbraucht.“ „Ah!“ Die Eule verstand. „Ja, ja, es ist nicht leicht jedem zu gefallen und es allen recht zu machen.“ Sie nickte kurz, dann sagte sie: „Dann mach es nicht.“ Überrascht sahen Pinsel und Maxima die Eule an. „Ich soll nicht feiern?“ Die Eule schlug mit den Flügeln, um sich abzukühlen. „Nein, das meine ich nicht. Aber wir kommen zu deinem Geburtstag wegen dir, um dich zu feiern. Du machst dir immer so viel Arbeit und bist am Ende ganz erschöpft. Erst recht, wenn du allen gefallen möchtest. Sei so wie du bist, so mögen wir dich. Zerbrich dir doch bitte nicht den Kopf über das Essen.“ Pinsel war noch nicht überzeugt. „Aber wenn niemand etwas zu essen kriegt, dann gehen alle wieder und wollen nie wieder bei mir feiern.“ Die Eule sah Pinsel eindringlich an. „Nein, das stimmt nicht. Ich habe keine Angst. Ich esse das, was mir schmeckt, vertrau darauf, dass ich das gut selbst entscheiden kann.“ Da kam Maxima eine Idee. „Ich weiß was, Pinsel. Ich weiß, wie wir es machen.“
Maxima wollte Pinsel noch nichts von ihrem Plan erzählen. Erst als sie beide wieder in seiner Vorratskammerstanden und sie das Gemüsebeet und alle Vorräte an-geschaut hatte, erzählte sie von ihrer Idee: „Wir machen eine Bohnenparty.“ „Was?“ Davon hatte Pinsel noch nie gehört. „Eine Bohnenparty. Ich kann Bohnenmuskochen, Bohneneintopf und Bohnensalat. Das wird ein Hingucker, weil das sicher nicht alle Tiere kennen.“ „Und wenn jemand keine Bohnen mag?“, fragte Pinsel vor-sichtig. Es war noch nicht ganz überzeugt. „Wir stelleneinen riesigen Obstkorb hin mit allen Früchten, die der Sommer hergibt. Ich habe heute erst Walderdbeeren, Brombeeren und Heidelbeeren gesammelt.“ „Und ich habe noch Äpfel, Kirschen und Marillen da.“ „Und ich kann aus Karotten und Zucchini Spaghetti schnitzen.“ „Das sieht sicher toll aus!“ Die beiden gingen durch die Vorräte und überlegten, welche gesunden Snacks sie ohne viel Aufwand morgen zubereiten konnten und als Pinsel am Abend ins Bett ging, hatte es schon keine Angst mehr vor seinem Geburtstag.
Als die ersten Gäste zu Pinsels Party kamen staunten sie nicht schlecht. Eine ganze Tafel, angerichtet auf einemlangen Baumstamm, leuchtete in den buntesten Farben. Pinsel und Maxima hatten das Obst gelassen, wie es war, die Karotten und Zucchini wanden sich wie Luft-schlangen und in Blättern, die aussahen wie Schälchen waren Bohnenmus und, Bohnensalat angerichtet. Ihr Essen war einfach und gerade deswegen so toll. Stolz blickte Pinsel auf ihr Werk, das kaum Zeit gekostet hatte, als ihn plötzlich ein Tropfen auf der Nase traf. „Was war das?“, fragte es und blickt nach oben. Noch ein Tropfen. Dann noch einer. „Oh nein!“, rief es. „MUUS! Es regnet!“ Verzweifelt sah Pinsel auf seine Essenstafel und auf die Deko und bekam Angst. Seine Party würde nun ins Wasser fallen. Wie soll man feiern, wenn es in Strömen regnet? „MUUS, schnell, wir müssen das Essen retten!“, rief es. Maxima aber streckte voller Genuss ihre Nase in die Luft. Endlich Regen. Wie toll! „Pinsel, bleib ruhig“, sagte sie dann und umarmte ihren Freund ganz fest, damit sich sein Herzschlag beruhigte. „Nimm mal Luft. Es regnet, das ist großartig!“ „Aber unser Essen!“ „Ein-atmen, ausatmen, Pinsel, bitte, mach es mir nach.“ Und Pinsel atmete, bis es sich beruhigt hatte. Inzwischen wurden die Tropfen größer. „Hey, wir schieben den Baumstamm einfach unter das Blätterdach hier“, schlug der Dachs vor und war mit dem Wildschwein schon an der Arbeit. „Siehst du, Pinsel. Schon gerettet.“ Es kamen noch mehr Gäste, mit nassem Fell und breitem Grinsen in ihren Gesichtern. Es regnet, sagten sie alle glücklich und ließen die Tropfen auf sich prasseln. Es störte keinen, im Gegenteil, endlich kühlte es ab. Endlich füllten sich die Flüsse und Bäche. Endlich bekamen die Pflanzen Wasser. Und Pinsels Essen? Die Fleischfressenden Freunde konnten von dem Bohneneintopf nicht genug bekommen und die Wildschweine freuten sich über die Eicheln und Nüsse, die in Wahrheit ihre Lieblingsspeise war und die nur das Eichhörnchen noch im Sommer auf Lager hatte. „Ihr habt euch wieder einmalviel Arbeit angetan“, sagte das Reh irgendwann. Doch Pinsel strahlte es nur an und sagte: „Nein, eigentlich nicht. Fast alles hat uns die Natur geschenkt, so wie es ist. Wir haben es nur etwas verfeinert und das hat uns kaum Zeit gekostet.“ „Was Pinsel eigentlich damit sagen will, ist Danke, Reh. Das haben wir gerne gemacht“, lächelte die Maus. Die Party war ein voller Erfolg und Pinsel genoss jeden Moment mit seinen Freunden, die ihn feierten und beglückwünschten. „Siehst du, Pinsel,“ sagte Maxima irgendwann. „Du kannst noch so gutplanen, aber am Schluss kommt alles anders und das ist auch gut so.“ Pinsel lächelte. „Das stimmt. Es ist sogar besser als gut. Ultra-phänomenal-mega-super-Regen-nass-spitze!”
Maxima streckte ihre spitze Mausnase in die Luft und schnupperte. Hmm, roch das herrlich! Sie stand mit ihrer Tasche mitten im Wald. Dünne Sonnenstrahlen fanden ihren Weg bis hinunter auf den feuchten Waldboden. „Es riecht nach Erde und Blättern, nach Rinde und Harz, nach Leben und nach Abenteuer“, dachte sie freudig und atmete tief durch die Nase ein. Ihre großen Ohrenstellten sich auf – sie hörte etwas. Was war das? Ein Seufzen? Nein, doch, nein, doch. Sie lauschte angestrengt. Es kam von oben, von den Baumkronen, die immer weniger Blätter trugen. Dann traf sie plötzlich eine Nuss mitten auf die Nase. „Au!“, rief Maxima erschrocken. „Getroffen! Haha, ich habe getroffen!“ Maxima sah sich überrascht um, dabei wusste sie schon, wer sie mit einer Nuss beworfen hatte. „Pinsel, du Waldbesen, komm raus! Ich weiß, dass du das warst!“ Und schon sah sie den hübschen, buschigen, braunen Schwanz, der dem flinken Eichhörnchen auch seinen Namen gegeben hatte. Pinsel saß zwei Meter über ihr auf einem Ast, die Arme in die Hüften gestemmt und grinste frech zu ihr herunter. „Maxi, Muus, Maxima-Maus! Was tust du hier, was machst‘ außer Haus?“ Maxima verdrehte die Augen. „Sprichst du heute wieder nur in Reimen, Pinsel?“ Das Eichhörnchen sprang wie ein Blitz von Ast zu Ast, bis es vor Maxima zu stehen kam und sich stolz aufrichtete. „Ich habe nichts zu tun und langweile mich schrecklich und da dachte ich mir, ich denke mir lustige Reime aus. Willst du mal hören? Pass auf!
Rot ist das Licht, rot sind die Blätter,
verfärbt sich auch das Wetter?
Ich sitze hier auf meinem Baum.
Bin wirklich prächtig anzuschau‘n,
und warte darauf, dass was passiert.
Ja schau, wer kommt da anspaziert?
Maxi, Muus, Maxima-Maus!
Was machst du hier?
Was machst‘ außer Haus?
Toll, oder?“ Maxima lachte. „Ist dir etwa so langweilig? Und das zu dieser Jahreszeit? Wir haben Herbst! Musst du nicht eigentlich Vorräte für den Winter anlegen?“ Sie wusste, dass Eichhörnchen, wie Pinsel, Winterruhehalten und deswegen viel Essen für den kalten Wintersammeln müssen. Pinsel verdrehte die Augen. „Ach was, alles schon längst erledigt! Komm mit, ich zeig es dir!“ Und schon sprang Pinsel flink, wie es war, voraus. Überumgefallene Baumstümpfe und Hecken, über Äste und Steine. Maxima war zwar schnell, aber nicht so wendig, wie Pinsel und geriet außer Atem. Als sie an Pinsels Baumhäuschen, seinem Kobel, angekommen war, atmete sie langsam und besonnen aus. Erst als sich ihr schneller Herzschlag beruhigt hatte, sah sie es.
„Tada! Mein Reich!“, rief Pinsel stolz und zeigte auf ein großes Beet am Boden. „Hier unter der Erde schlummern Karotten, Salate, Meerrettich und Rote Bete. Meine Gurken habe ich schon geerntet und die Tomaten sind auch schon alle weg! Was sagst du?“ Die Maus staunte. „Ich wusste gar nicht, dass du Gemüse anbaust.“ „Na klar! Wer macht das nicht?“ Pinsel warf Maxima einen spöttischen Blick zu. „Es kann nicht jeder, so wie du, den Winter in einem warmen Menschenhaus verbringen und sich von oben bis unten verwöhnen lassen.“ Maxima grinste vorsichtig. Sie hatte dieses Mal eine tolle Familie mit vielen Kindern gefunden. Hier bekam sie sogar kleine Leckerbissen geschenkt. „Damit du unser Essen nicht anknabberst, bekommst du dein eigenes“, hatte das eine Kind zu ihr gesagt. Ja, Maxima freute sich schon auf den Winter bei ihrer neuen Familie. „Aber reicht das, um über den Winter zu kommen?“, fragte sie Pinsel. Pinsel lachte laut. „Natürlich nicht! Ich bin ja auch noch nicht fertig, komm mit!“ Das Eichhörnchen sprang über das Beet zu einem großen Baum, in dessen Wurzelhöhlen ess ich eine eigene kleine Vorratskammer angelegt hatte. Maxima ging hinterher und roch schnell, welche Köstlichkeiten da gelagert waren. Ihre Nase betrog sie nie. Unter den Wurzeln hatte Pinsel Regale voll mit Einweck-gläsern, prachtvoll gefüllten Obstkörben und Gemüsekisten aller Art gestapelt. „Eingelegte Tomaten, Gurken und Kürbis. Selbstgemachte Erdbeermarmelade, frischgemachtes Apfelmus, Weißdornpüree und Holundersirup. Hm, mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen.“ Pinsel rieb sich den Bauch. Maxima staunte. Pinsel hatte tatsächlich jetzt schon alle Früchte, die Sommer und Herbst hergaben, zu tollen Gerichten verkocht, eingelegt und eingelagert. Die Maus schnupperte. „Ich rieche aber auch…Birne und…“ „Ja ja!“ Pinsel klatschte in die Pfoten und sprang in die Luft vor Freude. „Ich habe im Sommer Obst getrocknet. Jetzt habe ich Birnen-, Apfel- und Marillenchips! Probier mal!“ Es gab der Maus ein paar Obstchips. Es schmeckte köstlich! „Du hast also im Sommer schon angefangen mit der Vorratshaltung?“, fragte sie kauend. „Ja natürlich! Will ja im Herbst keinen Stress haben. Ich will den Herbst genießen!“ „Und was ist da drin?“ Maxima zeigte auf einen Kübel voller Sand. „Das ist meine Gemüse-Frischhalte-Box.“ „Also ein natürlicher Kühlschrank?“ „Ja fast! Da kann ich Karotten, Sellerie und Kohlrabi einlagern und durch den kühlen Sand wird nichts schlecht. Den Tipp habe ich mir von der Eule geholt. Die weiß doch immer so viel!“ Maxima nickte. „Du bist echt auf zack, Pinsel, das muss man dir lassen. Ich suche und sammle noch. Auf dem Weg hierher habe ich zum Beispiel einen Steinpilz gefunden.“ Sie klopfte vorsichtig auf ihre Tasche. „Und Fenchelsamen. Aber ich bin noch lange nicht fertig.“ „Ich kann dir helfen!“, rief das Eichhörnchen und griff sich seinen Beutel, warf ihn sich um den Körper, strich nochmals seinen buschigen Schwanz glatt und sprang aus der Vorratshöhle. „Was suchst du denn?“ Maxima war sich nicht so sicher, ob sie das wollte. Sie mochte Pinsel, aber es war immer so hibbelig. Sie liebte den Wald gerade wegen seiner Ruhe und seiner Luft. „Ich suche Wildkräuter für meine Tees und Salben.“ Pinsel blieb stehen und drehte sich aufgeregt zu ihr um. „Ohhh, machst du wieder deine berühmte Anti-Aua-Salbe? Und deine Ich-werde-nicht-krank-Creme und deine Oh-nein-ich-hab-einen-Schnupfen-Tinktur?“ Maxima nickte lachend. Die Waldtiere liebten ihre Cremes und Salben, die ihnen bei kleinen Wehwehchen halfen. „Da helfe ich dir gerne, Maxima!“ Schonsprang Pinsel wieder von Ast zu Ast quer durch den Wald.
Die Maus ließ sich Zeit. Sollte Pinsel ruhig voraus springen, sie wollte den Wald genießen. In der Stadt und bei den Menschen war immer so viel los. Aber hier im Wald war es ruhig. Man konnte nur die Blätter rauschen hören. So konnte sie auch finden was sie suchte. Die Zutaten für ihre Cremes und Salben waren überall, man musste nur aufmerksam hinschauen und immer wieder die Nase indie Luft strecken und riechen. Schnell fand sie aufdiesem Waldspaziergang Weißdorn, Sauerklee und Schaf-garbe. Vorsichtig zerrieb sie die Blätter in ihren Pfoten.Hm, wie das duftete. Ja, das war eindeutig Schafgarbe.Den Geruch vergisst man nicht so schnell. Behutsamsteckte sie ihre Naturschätze in ihren Beutel. „Muus!Maxi! Maxima-Maus!“, rief Pinsel aufgeregt von einemdünnen Ast herunter. „Habe ich dir schon meine Übungen gezeigt? Ich kann jetzt von einem Ast hängen, ohne mich festzuhalten!“ Und Pinsel verhakte seinen Schwanz im Ast, kippte vornüber und schwang, wie ein Pendel, hin und her. „So halte ich mich fit und…“. Weiter kam es nicht, denn plötzlich brach der Zweig ab und das Eichhörnchen flog durch die Luft, dem Boden entgegen und purzelte schreiend einen Abhang hinunter. „Pinsel!“, rief Maxima erschrocken und rannte hinterher.
Pinsel lag mit ausgestreckten Armen auf dem Erdboden. Es war tief gestürzt. „Aua“, jammerte es und erhob sich langsam. „Oh nein!“ Erschrocken sah es sich seinen verwuschelten Schwanz an. Laub, Erde und sogar ein kleiner Fichtenzapfen hatten sich darin verfangen. „Das dauert ewig, bis ich den wieder sauber bekomme.“ „Ich bring dir Brennnessel-Wasser mit, das macht dein Fell wieder hübsch. Hauptsache, du hast dich nicht verletzt!“ „Alles gut. Ich bin zäh. Aber wieso ist der Astabgebrochen? Die Bäume sind meine Freunde!“ Jetzt erst bemerkten beide, dass die Bäume um sie herum alles andere als gesund aussahen. Grau und fahl. Mitherunterhängend Ästen, ohne Blätter, nicht einmalbraune und rote. Maxima trat näher an einen Stamm und schnupperte. Der Baum roch gar nicht gut. „Sie sind zu trocken“, erkannte sie. Traurig sah Pinsel sich um. „Aber alle hier sehen krank aus. Ob das ansteckend ist?“ Es schlug seine Pfoten über dem Kopf zusammen. „Und wenn die Krankheit bis zu mir wandert und mein Zu-hause zerstört?“ „Ich weiß es nicht. Wir können die Eule fragen“, schlug die Maus ratlos vor. „Ja, bitte, lass uns das machen. Vielleicht kannst du die Bäume mit deinen Salben gesund pflegen!“ Maxima glaubte nicht, dass hier eine Salbe helfen würde, aber sie sagte nichts.
Die weise Eule lebte in einem großen, alten Baum. Den Weg fanden Maxima und Pinsel sofort, denn jedes Tier, das Hilfe braucht, führt es auf magische Weise zur Eule. „Ähm, wie war das“, überlegte Pinsel, als sie vor dem Baum standen. Die Äste reichten bis zum Boden und die Wurzeln waren so groß, dass sie Unterschlupf für viele Tiere boten. „Dreimal klopfen, einmal Uhu rufen, dann einmal verbeugen und zwei Mal klatschen.“ Maxima schüttelte den Kopf. „Anders: dreimal klopfen, zweimalklatschen, einmal Uhu rufen und dann so lange verbeugen, bis sie dich anspricht.“ Pinsel verneinte. „Nein, ich bin mir sicher, fünfmal klopfen, zwei Mal schreien, dann…“ „Ja, was ist denn das für ein Lärm?“ Zwei große Augen erschienen in einem dunklen Loch mitten im Baumstamm. Die weise Eule bewohnte den ganzen Baum, aber noch nie hatte sie jemand außerhalb ihrer Höhle gesehen. Und noch nie hatte jemand hineingedurft. „Wir sind es. Pinsel und Maxima“, sagte Maxima kleinlaut. Die großen Augen konnten sehr bedrohlich wirken. „Das habe ich gehört. Ihr wart ja kaum zu über-hören. Selbst die Dachsfamilie am Ende des Waldes konnte euch zanken hören! Was wollt ihr?“ „Wir, ähm, wir sind da auf was gestoßen“, begann Maxima vorsichtig. „Eine Krankheit, eine Baumkrankheit, eine schreckliche Geschichte, die sich mitten in unserem Wald abspielt, eine Gefahr für alle, die den Wald lieben…“ „Moment!“, unterbrach die Eule das Eichhörnchen. „Immer langsam. Eine Krankheit? Die die Bäume befällt?“ Maxima und Pinsel nickten. Die Eule musterte beide, dann sagte sie:„Ah, ich verstehe. Du bist vom Baum gefallen, Pinsel, das sehe ich dir an. Warst du im düsteren Teil des Waldes? Sahen die Bäume kahl und schlapp aus? Hatten sie ihre Kraft und Farbe verloren? Waren die Äste rissig und brüchig?“ Maxima und Pinsel nickten wieder. Die Eule seufzte schwer. „Es ist die Hitze. Zu viel scheint die Sonne, zu wenig Regen ist geflossen. Das tut den Bäumen nicht gut.“ „Und was können wir dagegen tun?“, rief Pinsel verzweifelt. Die Eule ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. „Ihr tut schon was ihr könnt. Ihr nutzt die Natur für euch und geht mit ihr mit. Ihr geht ihr Tempo, auch wenn du, Pinsel, oft zu schnell unterwegs bist. Aber du verstehst den Wald und seine Schätze und weißt sie zu nutzen. Und du, Maus, du verkriechst dich nicht um-sonst immer wieder im Wald. Weil dir das Leben in der Stadt nicht guttut. Ihr solltet mit der Natur zusammen-leben, sie besser achten und dann kann sie sich wieder erholen.“ Pinsel runzelte die Stirn. Die Eule redete immer so geschwollen. „Also können wir nichts tun?“ „Doch. Behandelt die Natur mit Respekt. Den Rat gebe ich euch und nun lasst mich schlafen. Heute Nacht haben mich zwei Rehe und ein Bienenstamm um Rat gefragt, ich bin einfach nur müde.“ „Aber…aber“, protestierte Pinsel. „Was soll das heißen? Ich habe alles gemacht. Ich habe meine Vorräte für den Winter angelegt, ich bin fertig mit allem und nun mache ich mir Sorgen, dass mir die Sonne und die Trockenheit alles wegnehmen.“ Die Eule seufzte. „Pinsel, hör doch. Wir haben Herbst und du bist seit dem Sommer damit beschäftigt alles perfekt zu machen. Schalte einen Gang runter! Genieße die Luft, warte ab, bis die Zeit gekommen ist. Du musst nicht immer allesschneller und besser machen. Oder noch mehr haben wollen. Was hat es dir gebracht? Du langweilst dich. Weißt nichts mit dir anzufangen. Geh mit der Zeit, dann gehst du mit der Natur.“ „Können wir irgendwie helfen?“, fragte Maxima noch. „Der Förster hat schon neue Bäume gepflanzt, aber alles braucht seine Zeit.“ Die Augen verschwanden wieder. Die Eule hatte sich in ihr Haus zurückgezogen.
Ohne zu reden spazierten Maxima und Pinsel zurück. Selbst Pinsel ging jetzt langsam neben der Maus her. „Habe ich alles falsch gemacht?“, fragte es traurig. Maxima schüttelte den Kopf. „Nein, gar nicht.“ Sie wollte Pinsel aufheitern. „Oh schau, eine Kastanie. Wollen wir was spielen?“ „Spielen?“ Pinsel sah sie überrascht an. „Du willst jetzt was spielen?“ „Ja, um auf bessere Gedanken zu kommen“, Maxima sah sich um, bis sie fand, was sie suchte. Einen Ast mit einer kleinen Astgabelung vorne dran. „Versuche die Kastanie auf dem Ast bis nach Hause zu tragen, ohne, dass sie runterfällt.“ „Haha, kinder-leicht!“, sagte Pinsel und schwoll die Brust an. Doch schon nach wenigen Schritten war die Kastanie herunter-gefallen. Es probierte es erneut. Und erneut. Und erneut. Sie lachten und wechselten ab. „Heute war doch gar nicht langweilig, oder?“, fragte Maxima noch, als sie bei Pinsels Kobel, seinem Baumhaus angekommen waren. „Nein, gar nicht“, grinste Pinsel fröhlich. Dann sang es:
„Maxi, Muus, Maxima-Maus!
Was machst du hier?
Was machst‘ außer Haus?
Spielst du mit mir,
mal wieder im Wald?
Dann zeig ich dir Kräuter und Beeren
recht bald!“
Maxima lachte. „Ja klar, ich komme wieder, Pinsel. Will mir doch deine leckeren Köstlichkeiten nicht entgehen lassen!“, rief sie und spazierte gemütlich durch den Wald zurück. Bis sie stehen blieb und ihre Nase in die Luftstreckte. Hm, sie roch es: Brennnesseln, feuchte Erde, moosbehangene Bäume und eine gewisse Feuchtigkeit lagen in der Luft. Heute Nacht würde es noch regnen, das wusste sie, denn ihre Nase betrog sie nie.
„Brrr“, zitterte Maxima Maus, als sie aus dem aufgeheizten Bus schlüpfte und sich schnell hinter einem kahlen Busch versteckte. Sie hatte sich ein Tuch um die Ohrengebunden, um sich vor der winterlichen Kälte zu schützen. Noch vor ein paar Tagen hatte es geschneit, aber der Schnee, der liegengeblieben war, war nun zu Eisklumpen verhärtet und die Maus achtete auf jeden Schritt, um ja nicht auszurutschen. Sie war froh gewesen, dass der Bus genau dann angehalten hatte, als sie aus dem Hausihrer Menschenfamilie geschlüpft war, denn sie wollte ihren Freunden im Wald mal wieder einen Besuch abstatten. Schnell und aufmerksam rannte sie den Weg in den Wald. Erst als sie sicher war, dass ihr die großen Bäume genügend Schutz boten, veränderte sie ihren Trab in ein gemütliches Gehen. Wie anders der Wald im Winter aussah. So kahl und licht. Waren die Bäume größer? Oder wirkte das nur so, weil sie keine Blättertrugen, die den Blick auf die Baumkrone verbargen. Je tiefer sie in den Wald ging, desto mehr Schneeflächenbedeckten den Erdboden. Hier kam die Sonne nur seltenhin, denn die Tannen, Fichten und Kiefern standen so dicht, dass nur wenig Sonne durch ihre Nadeln drang. Maxima sah Spuren im Schnee. Sie machte sich einen Spaß daraus, zu rätseln, wessen Abdrücke das waren. Die runden kleinen Abdrücke der Hasen erkannte sie schnell. Und auch ein paar Rehe schienen hier entlanggelaufen zu sein. Sie führten alle in eine Richtung und Maxima ahnte, wohin, denn sie hatte dasselbe Ziel.
Der große Baum der Eule trug eine Schneehaube, die nicht schöner hätte sein können. Auf den dicken, breiten Ästen sammelte sich der pulvrige Schnee und die dünnen Äste drohten bei dem Gewicht den Boden zu berühren. Maxima sah die großen Augen der Eule schon, bevor sie das Gelächter und Grunzen hörte. Die Eule hatte Besuch und das nicht zu wenig. Eine Wildschweinfamilie tummelte sich zu den Füßen des Baumes und eine Rehmutter stand mit ihrem Kitz im Kreis mit einem Dachs und zwei Waldmäusen, die so viel größer waren als Maxima. Auch der Hase, dessen Spuren sie gefolgt war tummelte sich unter ihnen. Was war hier los? War etwas passiert? „Ah, Maxima, wie schön, dass du uns trotz dieser Kälte mal wieder besuchen kommst!“, rief die Eule mit ihrer lauten, dunklen Stimme und alle Tiere drehten sich zu ihr um. „Hallo Eule, hallo ihr“, sagte die Maus, fast schüchtern. „Die Maus, die Maus“, rief der Hase aufgeregt und kam mit zwei Sätzen zu ihr gesprungen. „Hast du uns etwas mitgebracht?“ Maxima lachte. „Ja natürlich. Hier, ich trage alles in meinem Beutel.“ Sie nahm ihren Beutel ab und öffnete ihn. Zum Vorschein kamen kleine Dosen und Gläser, gefüllt mit Cremes und Säften in Grün, Gelb, Orange, Weiß. Sofort kamen die Tiere neugierig zu ihr. Maxima Maus war eine hervorragende Köchin von Arzneien jeglicher Art. Hustensäfte, Cremes, Heilsalben und Nasentropfen. „Na, na, na!“, rief da die Eule laut und unterbrach das aufgeregte Gerede der anderen Waldtiere. „Ihr seid doch alle gesund und munter. Die Tinkturen sind für mich bestimmt, oder Maxima?“ Maxima nickte. Jedes Jahr im Winter brachte sie der Eule ihre Cremes, Säfte und Tees, damit diese die dann an die Tiere verteilen konnte, die von Erkältungen, Krankheiten und Verletzungen geplagt wurden. So war es fair für alle. „Aber…ich…ich…ich rieche noch was!“, rief die eine Waldmaus und schnupperte ganz frech an dem Beutel der Maus. Maxima lief leicht rot an. Sie hatte noch mehrdabei, das stimmt. „Ich habe gebacken.“ „Bei den Menschen?“, fragte die Wildschweinmutter überrascht. Maxima nickte. „Sie sind viel unterwegs. Mit den Kindern im Hallenbad, im Indoor Spielplatz und sogar spazieren gehen sie viel, da hab ich die Küche für mich ganz allein.“ Beeindruckt nickten die Tiere, die sich nicht vorstellen konnten unter Menschen zu leben. „Aber ich rieche Brot!“, sagte die neugierige Waldmaus. Da zog Maxima ein Laib Brot aus ihrem Beutel. Es war nicht groß, aber es roch unglaublich gut. „Ich habe Brot gebacken.“ „Du?“, fragte die Wildschweinmutter, fast neidisch. „Es ist gar nicht schwer“, erzählte die Maus aufgeregt und brach für jedes Tier ein Stück ab. Dann wurde probiert und gekaut und geseufzt vor Freude. „Das schmeckt vorzüglich!“, lobte der Dachs. Maxima freute sich. „Aber darf ich fragen, was ihr hier alle macht? Wieso trefft ihr euch bei der Eule? Ist etwas passiert?“ Da lachte die Eule laut. „Ich bekomme inzwischen jeden Tag Besuch. Von allen Tieren, die hier leben. Aber nicht, weil sie meinen Rat brauchen, sondern weil…“ „Wir lachen!“, unterbrach sie das Rehkitz freudig. „Lachen?“ Maxima verstand nicht. „Einfach so?“ Der Dachs nickte. „Der Winter ist so trüb und dunkel, da kamen wir auf die Idee uns in der kalten Jahreszeit mit Witzen aufzuheitern. Pass auf, ich erzähl dir einen…“ „Nein ich!“, rief da ein Wildschweinkind und stellte sich stolz in die Mitte. „Passt auf: Gehen zwei Zahnstocher durch den Wald. Kommt plötzlich ein Igel vorbeigelaufen. Sagt der eine Zahnstocher zum anderen: ‚Ich wusste gar nicht, dass hier ein Bus fährt‘. “Die Tiere tobten vor Lachen und auch Maxima konnte sich nicht gegen ein Kichern wehren. „Jetzt ich!“, rief die zweite Waldmaus.
Drei Witze später, als der Maus vor lauter Lachen schon ganz warm war, fiel ihr auf, dass jemand fehlte. „Ja aber, wo ist denn Pinsel? Sollte es nicht auch hier sein? Das würde ihm doch so viel Spaß machen.“ „Pinsel liegt krank im Bett“, sagte die Eule. „Immer einer von uns sieht nach ihm, aber es ist ganz mürrisch und vergrämt.“ Maxima machte sich Sorgen. Das klang so gar nicht nach dem sonnigen und wilden Gemüt des Eichhörnchens. Schnellverabschiedete sie sich von den Tieren und lief den Weg durch den Wald zum Haus des Eichhörnchens. Das warme Lachen der Waldtiere hörte sie noch bis kurz vorm Baum, in dessen Astgabel Pinsel seinen Kobel, also sein Holzhäuschen, gebaut hatte. „Pinsel!“, rief sie und blickte den Baumstamm nach oben. „Lasst mich in Ruhe!“ Kam es kratzig zurück. „Pinsel, ich bin es, Maxima!“ Vorsichtig tapste die Maus einen hängenden Ast, der mit viel Schnee bedeckt war, hinauf. Die Tür war verschlossen. Zaghaft klopfte sie. „Pinsel?“ „Geh lieber wieder, Muus, ich bin krank!“ Maxima hörte Pinsel husten. Dann drückte sie vorsichtig die Haustür auf. Pinsel lag in zwei Decken gekuschelt in seinem Bett. Die Wangengerötet, die Nase dick und die Augen wässrig. „Ach Pinsel“, seufzte Maxima. „Lass mich dir helfen.“ Und schon zog sie eine kleine Flasche aus ihrem Beutel. „Nimm davon einen Schluck.“ „Was ist das?“, fragte Pinsel mit schwacher Stimme. „Ein Hustensaft aus Thymian und Honig.“ Ohne Pinsel zu fragen, flößte sie ihm etwas in den Mund. Danach rieb sie ihm die Brust mit ihrer bekannten Husten-Verschwinde-Creme ein und deckte ihn wieder zu. „Danke“, nuschelte das Eichhörnchen. Als sich die Maus in dem kleinen Haus umsah war sie ganz schockiert. Pinsel war eigentlich ein sehr ordentliches Eichhörnchen. Doch jetzt lagen Becher und Gläser, Kissen und Krams wild verteilt am Boden oderumgekippt in den Regalen. „Darf ich dir helfen?“, fragte sie und deutete auf das Chaos. Doch Pinsel schüttelte den Kopf. „Nein, Danke. Das bringt doch nichts. Bis ich wieder fit bin ist eh alles kaputt.“ „Wieso kaputt?“ Pinselseufzte. „Meine Vorräte, mein Essen, mein Lebenswerk.“ Maxima schüttelte den Kopf voller Unverständnis. „Ich komme nicht dazu meine Vorräte zu essen und nun werden sie schlecht. Mein Kohlgemüse hätte geerntet werden müssen, meine Karotten müssen verkocht werden, meine Nüsse müssen gesammelt werden. Aber durch die Erkältung komme ich zu nichts. Schade, meine ganze Arbeit war umsonst.“
Maxima verstand. Ihre Menschenfamilie machte sich nichts daraus ihr Essen sorgfältig zu verbrauchen und schmiss alle Tage so viel Essen weg, dass Maxima bequem von den Resten leben kann und sogar schon ein kleines Bäuchlein angesetzt hatte. Aber Pinsel hasste so etwas, das wusste sie. Selbst wenn die Karotte krumm war, der Salat die Blätter hängen ließ und der Apfel eine braune Stelle hatte, schmiss Pinsel nichts weg. Sondern kochte die köstlichsten Gerichte daraus. Von ihm hatte Maxima selbst so einiges gelernt. „Ich helfe dir“, bestimmte sie. „Was kann ich tun?“ Aus wässrigen Augen sah Pinsel sie an. „Das würdest du machen?“ „Ja natürlich! Wofür hat man denn Freunde?“ Und Pinsel erzählte ihr, was sofort geerntet und gerettet werden musste. Die Liste war sehr lang und noch während Pinsel redete, kam Maxima eine Idee. Nur wenige Augenblicke späterstanden die Wildschweinfamilie, die Rehmutter mit ihrem Rehkitz, der Dachs, die Waldmäuse und der Hase in Pinsels Garten und ernteten und retteten was es zu retten gab. Alle halfen mit. Pinsel sah aus dem Fenster zu und gab Anweisungen. „Hey, kleines Wildschwein, nein nicht du, das andere, nein, das andere, du da, ja du– du stehst auf einem Nussvorrat, grab ein bisschen, dann findest du sie.“ Und sie gruben Nussvorrat um Nussvorrat aus der Erde und sie ordneten die Gläser mit dem eingeweckten Essen, das eigentlich schon abgelaufen war, aber Pinsels Meinung nach immer noch gegessen werden konnte. Die Maus sammelte das Esse nein und verarbeitete in Pinsels Küche alles zu einemgroßen warmen Eintopf. Mit Kohlgemüse, Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln. Als die Arbeit getan war, kamen alle am Fuß des Baumes zusammen und freuten sich auf ein köstliches Festmahl, das es hier nur selten gab, vor allem zu dieser Jahreszeit. Maxima steuerte noch die Reste ihres selbstgebackenen Brotes dazu und Pinsel traute sich das erste Mal wieder aus dem Haus. Eingepackt in warmen Decken und mit Abstand, um ja keinen anzustecken. Es nahm einen großen Löffel von Maximas Eintopf und fühlte seit längerem wieder, wie warm es um sein Herz wurde. „Hey Pinsel, pass auf, ich erzähl dir einen Witz – kennst du den schon?“, rief da der Hase und begann: „Fragt die eine Schlange die andere: ‚Sind wir eigentlich giftig?‘ Fragt die andere: ‚Wieso?‘ ‚Weil ich mir gerade auf die Zunge gebissen habe‘!“
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